Notfallpraxen: Kassenärztliche Vereinigung versagt

Leserbrief zu Schließung der Notfallpraxis Oberndorf

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Wiederholt berichtete die Presse, über die von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄBW) geplante Schließung von 18 Notfallpraxen in BW, darunter auch die Notfallpraxis in Oberndorf. Verantwortlich für die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung sind die kassenärztlichen Vereinigungen, sie sind ja auch deshalb Körperschaften öffentlichen Rechts.

Die Reduktion der Anzahl der Notfallpraxen bedeutet eine gravierende Verschlechterung der ambulanten Versorgung der Bevölkerung. Anfahrtstrecken von 50 Kilometern und Wartezeiten von mehreren Stunden werden meist die Regel sein.

Die kassenärztlichen Vereinigung BW (KÄBW) ist der Meinung, dass es den erkrankten Bürgern zugemutet werden kann, zum Beispiel mit einem fiebernden Kind 50 km zu fahren – was machen Leute ohne PKW – und dann in der überfüllten Notfallpraxis noch die Nummer 30 zu bekommen, um nochmals drei Stunden zu warten. Oder stellen wir uns den erwachsenen Patienten, vor der seit zwei Stunden einen Harnverhalt hat und noch eine weitere Stunde in der Praxis warten darf.

Anzumerken ist: Die ambulante medizinische Versorgung der Bürger ist keine Gnade der kassenärztlichen Vereinigung oder des Staates: Die Bürger bezahlen dies mit ihren Krankenkassen- Beiträgen.

Was sind die Gründe für den grausamen Schnitt durch die KV?  „Personalmangel“ wird genannt. Schlagartig in 18 Notfallpraxen aufgetreten? Laut einer Grafik in der Lokalpresse vom 13. Januar hat sich im Kreis Rottweil die Anzahl der Ärzte und auch die Arztdichte seit 2015 nicht geändert.

Schauen wir uns mal diesen „Personalmangel“ genauer an: 40 Prozent der Ärzte und Ärztinnen, die im Notfalldienst arbeiten, sind sogenannte „Poolärzte“. Sie verrichten den Notfalldienst freiwillig. Es sind zum Beispiel ältere Ärzte oder Ärztinnen, die nur wenige Stunden arbeiten wollen. Diese bekamen bisher von der KÄBW etwa 50 Euro pro Stunde und waren Privatunternehmer. Sozialabgaben fielen nicht an.

Im Oktober 2023 erging nun ein Urteil des Bundessozialgerichts, das besagt, dass die Poolärzte sozialversicherungspflichtig angestellt werden müssen. Die Folge ist, dass die Poolärzte netto weniger verdienen würden, es fallen ja Sozialabgaben an. Dies hinzunehmen sind die Ärzte nicht bereit.

Hier also liegt der eigentliche Grund für die Schließung von 18 Notfallpraxen. Kein Personalmangel, sondern Geldmangel oder besser gesagt, die Weigerung der KÄBW, den sozialversicherten Ärztinnen und Ärzten so viel mehr zu bezahlen, dass durch die neue Sozialversicherungspflichtigkeit keine Minderung ihrer Nettoeinkommen entsteht. 

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Es ist zu hoffen, dass sich der eine oder die andere Vertreterin der KÄBW eines Tages in einer Notfallpraxis befindet – mit unklarem Bauchweh oder 39 Grad Fieber und Husten.

Hier ist der Staat gefordert, einzugreifen. Die KÄBW kommt ihrem Auftrag der Organisation des Notfalldienstes nicht nach.  Dies führt zu einer dramatischen und nicht hinnehmbaren Verschlechterung der Lage akut krank gewordener Bürgerinnen und Bürger.

Werner Klank, Schramberg

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